Kostbarkeiten aus Privatbesitz knüpfen einen roten Faden durch 275 Jahre Manufakturgeschichte. Bisher noch nie öffentlich ausgestellte, seltene Objekte aus allen Epochen von der Frühzeit der Manufaktur bis zum 21. Jahrhundert zeigen die tiefverwurzelte Faszination für Niedersachsens einzige Porzellanmanufaktur.
Zu Ehren des 275. Jubiläums haben sich das Museum Schloss Fürstenberg und der Freundeskreis Fürstenberger Porzellan e. V. (FFP), zusammengetan und gemeinsam eine sehr besondere Ausstellung entwickelt. Denn die enthusiastischen Sammler*innen sollten nicht nur Objekte zur Verfügung stellen, sondern konzeptuell mitwirken – sozusagen vom Sammeln zum Kuratieren gehen. Daraus entspannten sich fruchtbare Diskussionen und es entwickelte sich ein Konzept, das mit vier Teilbereichen die Fürstenberger Geschichte beleuchtet sowie die etablierte Dauerausstellung einbindet und wirkungsvoll ergänzt.
Die Anfangsjahre der Manufaktur bilden das erste Thema. Die Exponate verdeutlichen durch ihre wunderbare Unperfektheit die großen technischen Herausforderungen und ihre gestalterische Vielfalt zeugt vom Suchen nach einem dem Material angemessenen Ausdruck. Darüber hinaus werden Baudenkmale im Ort vorgestellt: Mit der Alten Mühle, worin das erste Laboratorium eingerichtet war, und dem Alten Brennhaus, wo die Überreste der ältesten Porzellanbrennöfen erhalten geblieben sind, ist Fürstenberg so etwas wie ein „Pompeji“ des europäischen Porzellans. Es lohnt nach dem Ausstellungsbesuch also ein Entdeckungsrundgang durch das Dorf. Erst jüngst vom FFP aufgestellte Stelen geben an den Bauten weitere Informationen.
Von 1756 bis 1828 existierte in Braunschweig die fürstliche Buntmalerei als Filialbetrieb der Manufaktur. Dort waren die hervorragendsten Maler tätig und das Publikum konnte Bestellungen aufgeben oder direkt einkaufen. Die Niederlassung in der Hauptstadt war das Schaufenster Fürstenbergs. Ihren Leistungen wendet sich der zweite Teil der Ausstellung zu, wo mit dem „Holländischen Service“ eines der umfangreichsten erhaltenen Tafelservice aus dem 18. Jahrhundert zum ersten Mal in Deutschland präsentiert wird. Es war ursprünglich für einen niederländischen Kunden angefertigt worden, daher der Name des Services. Ebenfalls hervorzuheben sind hier 15 Teller und Schalen aus dem berühmten Service von Herzog Carl I. mit braunschweigischen Landschaften, bemalt von Johann Friedrich Pascha Weitsch, die von der Richard Borek Stiftung in Braunschweig ausgeliehen werden.
Einem charmanten Servicetypus ist der dritte Teilbereich gewidmet: Mit Déjeuners, also Frühstücksgeschirren, aus allen Epochen der Fürstenberger Geschichte wurde ein eleganter Zeitstrahl geknüpft, der mit der Dauerausstellung verwoben ist. Hier fügen sich die Preziosen ein und erweitern die ständige Präsentation um besonders interessante und hochkarätige Exponate.
Die Ausstellung beschließt in der vierten Abteilung eine bislang nur wenig beachtete Episode der Fürstenberger Geschichte: Nach dem Ersten Weltkrieg wurde ein Zweigbetrieb für aufwändige Malereidekore in Dresden eingerichtet. Unter dem Maler Oswald Miersch entstanden dort sehr aufwändige und prunkvolle Porzellane, die alle handwerklichen Register der Porzellanmalerei zogen. Hintergrund dieser Unternehmung war eine nach dem Krieg sprunghaft zunehmende Nachfrage nach Luxusporzellanen, ein Trend wie geschaffen für eine der ältesten Manufakturen in Deutschland.
Die Ausstellung wirft mit Hunderten von Exponaten Schlaglichter auf die faszinierenden Themen und zeigt, wie die Freude des Sammelns zu einem vertieften Verständnis der Manufakturgeschichte und ihrer Wesenheit führt. Es berührt zutiefst, einer so geballten Passion zu begegnen, die eine 275-jährige Porzellanmanufaktur als das begreift, was sie ist: ein unabdingbares Kulturgut und dadurch heute und in Zukunft so relevant wie zum Zeitpunkt ihrer Gründung.